Autor: mamastisch

Mein Blog - mein Therapeut! Mit seiner Hilfe verarbeite ich die Zwangsneurosen meiner Familie, meine Kinderriegelsucht und den schwer erziehbaren Mann. Read it, love it or leave it.

Oh weh, Reisen mit der DB

In der vorletzten Woche meiner Elternzeit spielten sich wahre Dramen ab. Es gab so Klassiker wie „Ausstand feiern beim Jobwechsel“, „Oh weh, Reisen mit DB“ und „Hilfe, mein Baby erstickt“. Genauer betrachtet wurden die drei Stücke nicht im Laufe einer Woche aufgeführt, sondern im Laufe von gut 24 Stunden. Aber eben in meiner vorletzten Elternzeitwoche. Anlässlich des durchaus aufwühlenden Abschieds von meiner alten Arbeitsstelle packten mein Knöpfchen und ich unsere sieben Sachen und machten uns auf, um den Mobilitätsservice der Deutschen Bahn auf dem Weg ins Tal der Ahnungslosen zu erproben. Grundsätzlich bietet die Deutsche Bahn in jeder Gesprächsrunde unter Freunden hinreichend Anlass für ausgiebige Kritik; und dass ohne in Gefahr zu laufen, irgendjemanden vor den Kopf zu stoßen, wie es bei vergleichbar politischeren Themen der Fall sein kann. DB ist schichtübergreifend konsensbildend. Ich allerdings bin kein Freund von Generalisierungen, sondern eher eine Freundin vom guten alten Für-und-Wider. Ja, dabei kann ich mich gelegentlich auch über exorbitante Preise und die Abwesenheit von w-lan-fähigem Internet bei der DB aufregen. Grundsätzlich liebe ich aber Zugfahren – mit viel Platz, stets zwei freien Händen und einer schnell erreichbaren Toilette. Es gibt kein anderes Reisemittel, in dem ich so entspannt reise. Auch mit Kind. Im Hinblick auf überregionales Reisen verweigere ich das Autofahren mit Baby sogar. Zumindest, wenn ich solo reise. Das liegt sicherlich vor allem daran, dass ich keine sonderlich versierte Autofahrerin bin, aber auch bzw. gerade deswegen ist meine Konzentration mit quengelnden Kind an Bord hochgradig gestört. Ich breche schon in Schweiß aus, wenn ich nur daran denke. Dementsprechend genieße ich es, in der Bahn Zeit und zwei tröstende Hände für mein Töchterchen zu haben. Doch wohin mit dem Kinderwagen, mag jetzt der eine oder die andere einwenden. Richtig, das ist das größte Problem. Dafür hat die Bahn den Mobilitätsservice als Lösung parat. Jede/r mobil eingeschränkte kann diesen kostenlosen Service beanspruchen. Bisher zögerte ich, darauf zurückzugreifen, da Knöpfchen entweder in der Tragehilfe auf Regionalfahrten zu den Großeltern mitreiste oder ich ungefragt Tragehilfe durch Passagiere im ICE erhielt. Der Kinderwagen stellte somit für uns bisher weder im ICE, RB noch im RE ein Problem dar. Gänge sind breit und Treppen werden dank aufmerksamer Mitreisender problemfrei überwunden. Ein schwarzes Schaf gibt es jedoch immer. So auch bei der DB.  Zwar der IC. Verschwommen erinnerte ich mich an den Hybrid aus eng und nicht ganz so schnell. Er sollte mein Testobjekt für den Mobilitätsservice werden. Pünktlich 20 Minuten vorher traf ich meine Serviceleistung in Person einer schlecht aus dem Mund riechenden Bahn-Mitarbeiterin vom Typ Früher-war-alles-besser, die die Wartezeit nutzte, um zu erklären, dass sie wegen diverser Bandscheibenvorfälle nicht heben könne.  Und außerdem, um ausgiebig über die unterschiedlichen Gepäckstücke von Passagieren zu lästern. Der IC kam, mit Ach und Krach verfrachtete sie mein Knöpfchen und mich in den Zug und weg war sie. Puh. Wir waren im Zug. Es gab nur ein Problem: Das Kleinkindabteil befand sich auf der gegenüberliegenden Seite des Wagens. Das erbrachte uns die nächste gewinnbringende Erkenntnis: Unser Kombikinderwagen ist definitiv zu breit für die Gänge im IC. So standen wir zwei, beschallt vom Rattern des Zuges, zwischen zwei Wagen und versperrten zahlreichen Mitreisenden den Weg ins Bistro. Auf dem Rückweg nach Jena misstraute ich dem Mobilitätsservice schließlich derart, dass ich aufgrund geänderter Wagenreihung dem stoffeligen Mann – ebenfalls mit Bandscheibenvorfall – beharrlich widersprach und schlussendlich selbst verschuldet an der falschen Stelle einstieg. Lediglich in Leipzig verlief dank hilfreicher Passagiere und ehrenamtlicher Mitarbeiter/innen der Bahnhofsmission alles reibungslos. Allerdings verkehren zwischen Köln und Dresden inzwischen neuartige ICs mit barrierefreiem Einstieg für Rollstuhlfahrer/innen und Kinderwagenfahrer/innen, sodass ich mir etwas dämlich vorkam, als die zwei Mobilitätsdienstleistenden mich von einem zum nächsten Zug begleiteten, während ich den Kinderwagen mit hochrotem Kopf vor mir herschob. Innerhalb von 24h war ich so sehr mit der DB beschäftigt, dass ich beinahe meinen eigenen Ausstand verpasst hätte. Er war vergleichsweise zu meinem Abschied im Frühjahr 2016 unspektakulär. Meine Elternzeitvertretung war bestechend gut gelaunt, mein Chef behandelte mich weiter wie eine Mitarbeiterin (was ich sehr genoss) und den Rest der Truppe hielten Knöpfchen und ich erfolgreich vom Arbeiten ab. Als ich dann in einer ruhigen Minute alleine in den sogenannten „großen Saal“ ging, in dem ich unzählige Seminare gehalten hatte, wurde mir das Herz doch sehr schwer. Dennoch hatte ich das Gefühl, dass ich innerlich schon losgelassen hatte und langsam bereit für etwas Neues bin. Sollte ich vielleicht auch, schließlich beginnt in wenigen Tagen meine neue Tätigkeit bei einem anderem Bildungsträger in Jena. Kaum nach Jena zurückgekehrt, fuhren wir rasch nach Hause, um schnell auszupacken und Knöpfchen ins Bett zu packen. Mein Mann hatte Spätschicht und ich freute mich auf ein gepflegtes Date mit der Couch und dem TV. Eine Minute. Genau eine Minute lässt man das Kind alleine, um sich flugs auf dem WC zu erleichtern und schon hat es ein Plastikteilchen von einer Verpackung in der Hand. Eine Minute, die alles ändern kann. Ich stürmte zu der Kleinen um Schlimmeres zu verhindern, entriss ihr das Unteil, dass sie aus einer Schublade gepfriemelt hatte. Erstaunlich, da sich Knöpfchen dato nur in der Horizontale bewegte. Als die Kleine plötzlich übermäßig zu husten und zu keuchen anfing, schwante mir Übles. Ich griff beherzt in ihren Rachen und fühlte ein Plastikteilchen. Ich war zu spät gekommen. Sie japste und hechelte. Mit jedem Röcheln geriet ich zunehmend in Panik. Verzweifelt wühlte ich in ihrem Rachen, erwischte das verflixte Teil jedoch nicht. Knöpfchen weinte und schrie. Meine Finger lösten schließlich den Würgereflex aus. Hoffnungsvoll durchsuchte ich ihr Erbrochenes. Fand jedoch nix. In meiner Verzweiflung wählte ich die 112, schilderte gehetzt die Situation. In der Zwischenzeit beruhigte sich mein kleines Baby und beobachtete interessiert, wie ich in den Telefonhörer sprach. Da nun keine akute Erstickungsgefahr mehr bestand, empfahl man mir in die kinderärztliche Notfallambulanz zu fahren. Die kannte ich schon. Mit Höchstgeschwindigkeit düste ich los. Doch auch diesmal wartete ich vergeblich auf sprintende Ärzte mit wehenden, weißen Kitteln. Allerdings legte ich eine rasante Vollbremsung vor dem Eingang hin und ließ unser neues Auto kreuz und quer geparkt stehen. Etwas Dramatik muss schon sein. Der Arzt untersuchte mein Knöpfchen. Lunge

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Kind krank

Kramiki-Kraoki-Kraomu – Kind krank was nu?

Als das absolute Mamageddon  gilt Kramiki, wenn Mutter und Kind gleichzeitig krank sind. Es ist einfach unmöglich, sich sowohl um das Baby als auch um sich selbst angemessen zu kümmern. Irgendjemand kommt immer zu kurz.

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Erste Worte

Erste Worte oder ‚Aua‘ is the new ‚Mama‘

Es stimmte mich sehr nachdenklich, dass der erste eindeutige und scheinbar bewusst ausgestoßene Ausruf meines Kindes „Aua“ und nicht „Mama“ war. Der naive Leser könnte nun annehmen, mein Kind habe häufig Schmerzen und leide unter meiner wenig durchdachten Erziehung. An dem ist nicht so. Legt die Nummer des Jugendamts getrost beiseite!

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Perspektive Wiedereinstieg nach Elternzeit

Seit vergangener Woche ist Knöpfchen das Kind einer erotischen, diplomatischen, distanzierten Führungskraft mit ovalem Gesicht und einem Hang zu blaustichigen Farben. Das ist offiziell bestätigt. Wofür so eine Elternzeit doch alles gut sein kann! Read it, like it or leave it!

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Schokolade

Vom Verlust der Unschuld oder Erstkontakt mit Schokolade

Mir ist kalt. Ich zittere. Meine Muskeln auch. Vor Schmerz. Schrille Schreie dringen an mein Ohr. Langsam trocknet das Blut auf meiner Brust. Ich habe Hunger und Durst. Meine Blase ist kurz vor’m Platzen.  Wie bin ich nur in diese Situation geraten? Was ist passiert? Read it, like it or leave it!

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Fantastische Mamas 1: Muttitalking

Ja, ich bekenne mich der Ambivalenz schuldig! Und ja, meine Leser*innen benötigen dafür eine gut ausgeprägte Ambiguitätstoleranz. Anders sind meine Texte nicht zu rezipieren. Haha. Jetzt habe ich ausreichend Fremdwörter eingebaut, um einen gewissen intellektuellen Anspruch zu genügen und kann endlich zum Kern der Sache kommen: Widersprüchlichkeit. Nein, das ist nicht der Nukleus, aber fast. Wer mich kennt, weiß, dass ich mich über Dinge, proportional zu meiner Wertschätzung aufrege. Das mag zwiespältig klingen, ist es auch, trotzdem nicht unwahr. Beispielsweise sind ratgebende Mamas immer wieder ein beliebtes Gedankenobjekt meines erhitzten Gemütes. Dabei sind sie es, auf die ich mich für meine Elternzeit – abgesehen von meinem Knöpfchen – am meisten freute. Profimamas belächelten zwar meine kindliche Vorfreude auf gemeinsames Marathonstillen in Mutter-Kind-Cafés oder Breirezepte tauschen in der Krabbelgruppe. Weise mit dem Kopf wackelnd tätschelten sie mich und verkündeten: „Warte mal ab!“ Dennoch bündelte ich vor der Geburt meines Kindes Urlaub und Mutterschutz so, dass ich an meinem neuen Wohnort einen Geburtsvorbereitungskurs besuchen konnte. Den wiederum besuchte ich nicht, um mich auf die Geburt vorzubereiten. Da vertraute ich voll und ganz auf meinen wohlgeformten Körper. Hatte ja bisher ganz gut geklappt. Nein, oberstes Ziel der Teilnahme war es, nette Begleiterinnen für die Elternzeit und darüber hinaus zu finden. Natürlich inklusive potenzieller Kumpels für mein Knöpfchen. Sekundäres Ziel (Plus für die Fremdwortliste) war die äußerst zielgerichtete Vermeidung von Ratgeberkäufen. Ja, ich weiß, ratgebende Mütter sind so eine Kategorie für sich. Dennoch sammelte ich sie um mich herum wie die Biene Honig. Das ersparte mir das Lesen widersprüchlicher oder einseitiger pädagogischer Meinungen. Erfahrungswerte aus der Praxis gab es gratis dazu. Was soll ich sagen. Es war das Beste, was ich tun konnte. Nicht nur im Vorbereitungskurs, aber auch da, lernte ich viele, unglaublich spannende Frauen mit ganz eigenwilligen Biografien kennen. Keine einzelne möchte ich missen. Sie haben mein Start in ein Leben mit Kind unglaublich reich und leicht gemacht. Ohne sie, hätte ich – mental gesehen – nicht überlebt. Wenn ich jetzt hier von ihnen berichte, werde ich die einzelnen Frauen jedoch so mit Worten quasi verklausulieren, dass sie sich selbst kaum wiedererkennen können. Reine Rücksicht. Will ja niemanden auf den Still-BH treten. Dazu sind diese Freundschaften zu wertvoll. Seit der Geburt meiner Tochter besuchte ich relativ regelmäßig den Gottesdienst. Dabei machte ich spannende Bekanntschaften mit Muttertieren christlicher Prägung. Letzte Woche lernte ich Ilse und Bilse kennen. Sie könnten auch Gegen und Satz heißen. Wir saßen im Dreieck. Jeweils mit Kind im Schoß. Ilse links, Bilse rechts von mir. Bilses Figur sah man die zwei Schwangerschaften an. Auch der Frisur fiel es schwer, die Mutterschaft zu verheimlichen. Kurz und schütter. Optischer Totalschaden. Hingegen wirkte Ilse dynamisch. Ihr war von Leistungssportlerin bis zur Führungskraft alles zuzutrauen. In trauter Dreisamkeit saßen wir also beisammen, lauschten der aus dem Nachbarsaal übertragenen Predigt und schwallten mit verzerrten Kopfstimmen unsere fast gleich alten Babys zu. Das ist übrigens ein sehr typisches Kommunikationsverhalten von jüngst Elterngewordener. Postparentale Kommunikation sozusagen: Dem Kind werden zusammenhanglos Gesprächsbrocken hingeworfen, die eher an adulte Mitglieder der Gesellschaft adressiert sind, in der Hoffnung darauf, dass der enthaltende Witz oder die dargebotene Eloquenz den eigentlichen Adressat*innen zu einer Fortsetzung des Gesprächs animieren. Dieses Fishing for Talking ist gelegentlich auch bei Tier- insbesondere Hundebesitzer*innen zu beobachten. Nachdem Sender*in und Empfänger*in sich gefunden haben, kann das Kind beruhigt aufatmen und sich weiter dem Spiel in der Krabbelecke widmen.  Nicht, dass es der mütterlichen Stimme nicht gerne lauschte, es ist einfach nur von den in fanatischem Singsang  verpackten seriösen Themen leicht irritiert und überfordert. So also schimpfte die schüttere Bilse ungefragt auf ein weiteres Kirchenmitglied. Diese hatte ihre absichtlich mit Windpocken infizierte Tochter viel zu früh auf die Gemeinde losgelassen und unverantwortlicherweise die gesamte Christenheit in Gefahr gebracht. Ja, meine Lieben, zu muslimischen Terrorist*innen gesellt sich auch noch die Paleomama als Bedrohung für das Abendland. Ich tat Bilse den Gefallen und sprang auf ihr Gesprächsangebot an. Kurzzeitig überlegte ich, ihr die Gründung von PÜGIDA (Patriotische Übermamas gegen die Infizierung des Abendlandes) vorzuschlagen, vergaß das allerdings über die Faszination darüber, wie sie sich und ihrer 1,5 Jahre alten Tochter während ihrer wort- und gestenreichen Tirade ein Stück Kuchen nach dem anderen förmlich reinstopfte. So trug ich nur ein ausdruckkräftiges „Äh“ zu unserer noch jungen Konversation bei. Wahrscheinlich hatte mein Gesicht einen pikierten Ausdruck angenommen. Jedenfalls fühlte sich Bilse nun dazu verpflichtet zu erklären, dass ihre Tochter bisher unglaublich schlecht gegessen habe. Eigentlich stille sie noch voll, da es mit dem Abstillen auch nicht richtig vorwärts gehe. Sie zeigte sich überzeugend überrascht, wie gut ihre Kleine heute aß. Ilse saß völlig ruhig, mit kerzengeradem Rücken daneben, hörte sich alles mit leicht geneigten Kopf an. Ihren Mund umspielte ein dezentes, unaufdringliches Lächeln.  Bei dem Thema Abstillen hakte sie schließlich gekonnt ein. Sie habe auch damit angefangen. Wie auf Kommando hob sie ihre neben ihr stehende Tochter sanft auf den Schoss. Sie war neun Monate alt, genau wie mein Knöpfchen. In aller Ruhe gab sie ihr nun ein Gläschen Reis-Fisch-Brei, ohne dass Flecken im Gesicht oder auf der Kleidung ihrer Tochter zurück blieben. Rechts von mir fragt ein schmatzender Mund, was das für ein Brei sei? Großzügig bot Ilse den Rest des Breis der still geplagten Bilse an. Kaum hatte Ilse das Angebot ausgesprochen, war alles ratzeputz in den kleinen Kindermund verschwunden. Ich glaube, Bilse probierte auch einmal. Ich blinzelte verstört, blickte erst Bilse, dann Ilse an  und sann über die beiden nach. Ilse ist ruhig, klar und sicher im Umgang mit ihrer Tochter. Bei ihr lässt sich behaupten, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sei möglich. Seitdem ihre Tochter drei Monate ist, arbeitet sie schon wieder. Der Papa übernimmt die restliche Elternzeit. Dem Kind geschadet hat das nicht. Im Gegenteil. Die gemeinsame Betreuung mit älteren Kindern führte dazu, dass ihre Tochter schon krabbelte und stand und saß bevor mein Knöpfchen überhaupt erst wie ein angeschossener Soldat durch die Gegend robben konnte. Ich bewundere sie. Also Ilse, nicht ihre Tochter. Ehrlich. Hingegen lästert Bilse munter vor sich hin, mampft ungehemmt Kuchen, wirkt inkonsequent, stopft ihre Kinder mit Zucker voll und verlängert ihre zweijährige Elternzeit um weitere zwei Jahre, weil sie sich von ihrem Mann ein drittes Mal schwängern ließ.

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