#ReWrite: Perspektive Wiedereinstieg 1.0 – Teil 2
Hier kommt wieder ein Artikel aus der Reihe #ReWrite. Es ist ein Zwischenfazit zu meinem ersten beruflichen Wiedereinstieg 2017. Ich schaffte es nie, diesen Artikel zu überarbeiten. Deshalb verblieb er im Entwürfeordner. Anfang März 2023 kehre ich zum zweiten Mal nach einem Jahr Elternzeit in den Beruf zurück. Anlass für mich, mit meinen damaligen Gedanken und Gefühlen auseinanderzusetzen.
Eigentlich hatte ich damals 15 Monate Elternzeit geplant. Doch mit der Geburt von Knopf (inzwischen 6) zog ich von Dresden nach Jena. 10 Monate nach ihrer Geburt erhielt ich ein Jobangebot, das ich nicht ablehnen wollte. Die verbliebene Elternzeit bis zur Eingewöhnung in die Kita übernahm der Mann.
Read it, like it or leave it.
Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist ein Dauerbrenner in Elterngesprächen. Viele vermuten einen Mythos, tatsächlich leben sie hundertausende Familien. Zwar mehr oder weniger erfolgreich, doch selten scheitern Familien völlig. Dass es einfach ist, hat niemand behauptet; dass man dabei glücklich wird, hoffen viele.
Gerade die Hoffnung auf leichtes Glück trägt zur Mystifizierung bei. Doch ich bin noch genau 40 Tage davon entfernt, ernsthaft mitreden zu können. Dann endet die Elternzeit meines Mannes. Deswegen ziehe ich ein Zwischenfazit zu einem Thema, zu dem ich auch etwas sagen kann: Der berufliche Neueinstieg nach der Elternzeit.
Trotz meiner restlosen Hingabe an die Mutterrolle bröckelten recht bald die Dämme, die die Angst vor der drohenden Arbeitslosigkeit davon abhielten, mein Zukunftsvertrauen wegzuspülen. Gerne hätte ich meine Elternzeit in völliger Sorglosigkeit um das berufliche Morgen verbracht. Stattdessen hatte ich neben PEKIP, Rückbildung, Babyschwimmen & Co immer eine Auge auf die Stellenausschreibungen. So gewann ich recht schnell eine Gefühl für den Arbeitsmarkt in Jena. Innerhalb der ersten sechs Monate eröffneten sich genau zwei Möglichkeiten für mich, in meinem Berufsfeld in Jena zu arbeiten.
Die erste Möglichkeit ignorierte ich, die zweite nahm ich eher spaßeshalber wahr, nannte meine Bedingungen und siehe da, plötzlich musste ich mir um die Jobsuche keine Gedanken machen. Nach den ersten 100 Tagen im neuen Job ist es Zeit, den Blick zurückzuwerfen.
Der Alltag nach dem beruflichen Wiedereinstieg
Zumeist stehe ich gegen 6 Uhr auf, bereite das Frühstück für die gesamte Familie vor und dusche mich. Im idealen Fall schlafen meine beiden Liebsten noch. Da Knöpfchen im Sommer recht spät ins Bett geht, kann es sogar passieren, dass ich sie morgens gar nicht sehe. Doch meistens schaffen wir es alle gemeinsam an den Frühstückstisch. Vorher wird die kleine Wanze selbstverständlich von mir geknuddelt, gewindelt und angezogen. Für das Zähne putzen ist sie selbst verantwortlich.
Allerdings verwechselt sie ihr Zahnbürste gerne mit einem Taktstock und meint, ihre Eltern durch die Wohnung dirigieren zu können. Wild fuchtelnd treibt sie uns voran. Nach dem gemeinsamen Frühstück radle ich zur Arbeit. Glücklicherweise liegt die in unmittelbarer Nähe. Trotzdem fällt es zugegebenermaßen schwer. Schwerer als meinem Kind. Das winkt fröhlich, wenn ich mich verabschiebe und sie mit Papa ihrem Schicksal überlasse.
Die Fahrt nach Hause – gegen 16 Uhr – ist weniger zäh. Voller Vorfreude auf das strahlende Gesicht meiner Tochter düse ich den Berg zu unserer Wohnung hoch. Allerdings bin ich meist hungrig, durstig und müde. In dem Zustand machen der Papa und ich die Übergabe. Wann hat sie das letzte Mal geschlafen, gekackt und gegessen? Welche besonderen Vorkommnisse gab es und wie ist das allgemeine Befinden?
Irgendwie schiebe ich nebenbei eins-zwei Butterbrote in mich rein. Wenn ich es nicht vergesse, trinke ich ein Glas Wasser. Wenn Knöpfchen entspannt ist, schaffe ich es sogar, mich kurz auf das stille Örtchen zu verdrücken. Ansonsten teilen Hartleibigkeit und ich denselben Körper.
Manchmal nehmen wir uns die Zeit und trinken gemeinsam Kaffee bestehend aus Reiswaffel und Melone. Bei schönem Wetter gehen wir in den Garten, planschen im Becken und gießen, jäten, ernten. Abendessen im Grünen im Kreise der Familie entschädigt für die Strapazen des Tages.
In der Regel treffe ich mich jedoch mit befreundeten Müttern und deren Kindern. Gemeinsam bevölkern wir die Sandkästen Jenas, tauschen uns aus, geben uns Tipps oder schweifen einfach mal ab in die Ferne. Das sind die Tage, an denen Knöpfchen und ich alleine Abendbrot essen, weil Papa noch im Garten ist.
Die Abendroutine schließlich ist streng ritualisiert. Knöpfchen begleitet mich auf Schritt und Tritt. Da sie genau weiß, was folgt, freut sie sich wie eine Schneekönigin. Alles folgt einer festen Choreografie: Bad – Ich lasse Wasser in das Duschbecken, sie weicht ihre Haare ein. Schlafzimmer – Ich schüttle die Betten auf und öffne das Fenster, sie steht im Weg rum und lacht. Kinderzimmer – Ich entkleide sie, sie erteilt Befehle. Zurück ins Bad – Ich wasche und trockne sie ab, sie putzt ihre Zähne und zieht den Stöpsel am Ende des Badespaß’. Ab ins Kinderzimmer – Ich creme, singe, sie kuschelt.
Jetzt gibt es eine kurze Zwischensequenz mit Papa, der inzwischen nach Hause gekommen ist. Die beiden kuscheln und ich räume auf. Befreie den Fußboden im Bad von den Spuren der Waschung oder wahlweise im Wohnzimmer von den Essspuren. Schließlich im Schlafzimmer – sie darf im Bett noch ein wenig umherkullern, bis sie zur Ruhe kommt, dann singe ich ein Gute-Nacht-Lied, bete mit ihr und geb ihr den Gute-Nacht-Kuss. Fertig.
Danach gibt es dann die Paarzeit, die mal länger, mal kürzer ausfällt. Wir besprechen das Tagesgeschehen und planen die nächsten Tage. Nicht selten schaffen wir es jedoch nicht, die Dinge auszudiskutieren. Beide sind wir derart stark von der Couch angezogen, dass wir nur noch niederplumpsen.
Ich versuche in relativ regelmäßigen Abständen mit meinen Eltern zu telefonieren. Dabei wird Wäsche zusammengelegt, der Spüler aus- oder eingeräumt und irgendwie Bürokratisches abgehandelt. Gegenwärtig übernimmt mein Mann den Haushalt, Kochen und Einkaufen. Doch in 40 Tagen ist das vorbei.
Rad fahren? Laufen? Wandern? Sauna? Bloggen? Lesen? Dazu habe ich jetzt schon nicht richtig Zeit. Über so verrückte Dinge wie Kino, Basketballspiele, Theaterbesuche denke ich schon gar nicht mehr nach. Ich bin nur glücklich, dass die wenigen Mütter in meiner Nachbarschaft alles Personen sind, bei denen ich das Gefühl habe, uns verbindet mehr als nur die Mutterschaft. Auf diese Weise verkümmere ich sozial nicht allzusehr.
Die Nachteile
- Ich bin nach der Arbeit echt abgespannt und kann mich nur schwer auf meinen Mann und mein Kind einlassen. Eigentlich brauche ich nur ein paar Minuten im leeren Raum. Zum Durchatmen. Ich bin mir sicher, ihn gibt es. Leider habe ich ihn noch nicht gefunden. Besonders unangenehm empfinde ich meinen chaotischen Schlaf- und Ernährungsrhythmus. Während der Elternzeit hat sich dieser genau an meine Bedürfnisse angepasst. Jetzt ordne ich ihn der Arbeit unter.
- Beruflich gesehen fällt es mir sehr schwer, nicht mit 100% zu fahren. Ich bin es gewohnt, Dinge komplett zu durchdenken. Ich plane, strukturiere und koordiniere furchtbar gerne. Gewöhnlich bin ich schnell und umfassend informiert. Gerne mache ich dafür auch Überstunden. Es fällt mir sehr schwer zu akzeptieren, dass ich nicht die Beste in meinem Bereich bin. Nur mit 85% arbeiten und eben den Stift auch mal fallen lassen, wenn der Feierabend naht, ist eine völlig neue Erfahrung.
Die Vorteile
- Ich bin wieder ich. Mutter zu sein ist der schönste Job der Welt. Doch von seinem Umfeld nur darauf reduziert zu werden, ist manchmal nicht einfach. Ich bin froh wieder an gesellschaftlichen Themen dran zu sein und sie mitzugestalten; Kompetenzen fernab von Windel, Babybrei und Co haben zu dürfen und Anerkennung dafür zu erhalten.
- Finanziell fühle ich mich unabhängig. Meinem Kind diesen Wert zu vermitteln und ihn vorzuleben, ist mir wichtig. Die zumindest vorübergehende finanzielle Sicherheit entlastet auch uns als Paar.
- Mein Mann kommt ebenfalls in den Genuss der Elternzeit. Das ist in doppelter Hinsicht schön. Erstens versteht er, was Kinderbetreuung und gleichzeitige Haushaltsführung bedeutet. Zweitens kann auch er mal die Vorzüge genießen. Das sabbathafte geistige Loslassen von fremdbestimmten Pflichten ist herrlich. Auch hier freue ich mich, unserem Kind Vorbild in Sachen Gleichberechtigung sein zu dürfen.
Was ist also die Quintessenz?
Ideal ist es sicher nicht. Doch häufig fühlt es sich richtig an. Momentan bin ich noch auf der Suche, mich und uns besser zu organisieren. Kleine Kraftinseln am Tag helfen. Da muss ich definitiv nachbessern.

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