Mamahonks beruflicher Wiedereinstieg – Kinder machen war recht schwer, mit ihnen berufstätig sein noch viel mehr
Ich wäre eine spitzenmäßige Schwerverbrecherin geworden. Die Hoeneß‘ und Scholz‘ dieser Welt könnten einpacken. Doch es kam anders. Der Grund für das Scheitern meiner Karriere als Schwerverbrecherin lag sicherlich nicht an meiner mangelnden kriminellen Energie. Bereits im zarten Alter von fünf Jahren ließ ich Vanillinzucker aus dem Supermarkt – der damals noch Konsum hieß – mitgehen.
Jegliche kriminelle Energie hatte allerdings ihre Grenzen, wenn das Herz eines Hasenfußes in der Brust einer Schwerverbrecherin schlug. Eltern, die ihre Tochter gemäß gesellschaftlichen Konventionen erzogen, waren schließlich das Ende für jeden angehenden kriminellen Superstar: Meine Mutter zwang mich damals, zurück in den Konsum zu gehen, das Zuckerpäkchen abzugeben und mich zu entschuldigen. Seitdem schmollte die Schwerverbrecherin in mir.
Also studierte ich Slawistik, Auslandsgermanistik und Neuere und Neueste Geschichte. Fächer mit den weltweit schlechtesten Einstellungsaussichten. Kein Wunder, dass ich im Öffentlichen Dienst landete. Allerdings änderte das im Jahr 2023 wenig daran, dass ich nach 13 Monaten Elternzeit SIE schon wieder spürte:
Meine Ängste.
Würde ich nach durchstillten Nächten den Weg zum Büro überhaupt finden? Verkraftete ich die Trennung von meinem eben geschlüpften Nachwuchs? Hätte ich am Ende des Tages nach Arbeit, Haushalt, Einkauf noch Zeit und Energie für meine Töchter?
Zur Vorbereitung auf den beruflichen Einstieg überdachte ich meine täglichen Routinen und Bedürfnisse gründlichst. Als mir während der Elternzeit eines Tages derart langweilig war (*tränenlach*), stellte ich mir die Frage, wie ich meinen beruflichen Wiedereinstieg möglichst geschmeidig gestalten konnte?
Meine Neigung, vor dem Verlassen des Hauses, die Betten zu machen, den Müll wegzubringen, den Spüler und die Waschmaschine anzustellen, das Kinderzimmer aufzuräumen uvm. verlangte schließlich ein komplexes Zeitmanagement. Ich rechnete hin und her. Selbst bei strengster Taktung müsste ich 22:45 Uhr am Vorabend aufstehen, um meine Morgenroutine zufriedenstellend und entspannt zu schaffen. Das waren suboptimale Neuigkeiten.
Es hilf alles nichts. Der berufliche Wiedereinstieg kam unerbittlich näher. Dann war er da. Und forderte ein Opfer nach dem anderen.
Mamahonks 1. Arbeitstag
Der erste Tag fühlte sich tatsächlich noch geschmeidig an. Schwungvoll, freudig und von intrinsischer Motivation narkotisiert betrat ich die berufliche terra inkognita aka beruflicher Wiedereinstieg. Als Wegzehrung lediglich ein K-Riegel im Gepäck. Mit einer Miene, die an Angela Merkel 2015 erinnerte, als sie ihr Volk mit dem Satz „Wir schaffen das!“ zur Aufnahme von über 1 Millionen Menschen motivierte, betrat ich meine Arbeitsstelle.
„Ich schaffe das. Ich hatte es schon mal geschafft.“ Gut, damals war ich ein halbes Jahrzehnt, drei Fehlgeburten und ein Kind jünger. Und zugegeben, ich schaffte es damals wegen innerer Unruhe nächtelang kaum zu schlafen, mir rund 10 kg Zusatzgewicht vor Sehnsucht nach meinem Baby anzufuttern und erfolgreich den grauen Kopf schwarz zu färben.
Doch ich schaffte es. Dann schaffte ich es auch diesmal. Wäre doch gelacht. Ha! Du kannst mich mal beruflicher Wiedereinstieg!
Wie das an ersten Tagen nach langen Auszeiten so war, konnte ich mich nicht an mein Passwort erinnern und kam nicht in meinen PC, ich (er)kannte ca. 75% des Kollegiums nicht, von weiteren 10% hatte ich den Namen vergessen (was vermutlich daran lag, dass die Unterzeichnung des Vertrags zeitlich mit dem positiven Schwangerschaftstest zusammenfiel) und über die verbliebenen Prozente freute ich mich aus tiefstem Herzen.
Glücklicherweise war die Freude beiderseitig. Sogar die unbekannten und vergessenen Mitarbeiter*innen freuten sich wie Bolle. Das hätte mein Misstrauen wecken solle. Stattdessen bejahte ich von so viel Sympathie beeindruckt sämtliche Fragen. Das wäre keine Problem gewesen, hätten die Frage nicht mit “Könntest Du mal bitte…” angefangen und mit “…XY erledigen?” aufgehört.
So kam es, dass ich bereits am ersten Tag meinem Chef eine Aufstockung um 10h bestätigte. Nach der Überdosis Excel-Tabellen musste ich abends von meinen beiden Töchtern mühsam reanimiert werden. Das gelang ihnen recht eindrücklich, indem die eine schrille Töne von sich gab, die mich an das Wort erinnerten, das die andere mit letzter Kraft hervorstieß: „Hunger!“
Folgen des beruflichen Wiedereinstiegs
Doch schon nach wenigen Wochen wurde offensichtlich, was ich bereits in der Elternzeit fürchtete: Das Leben als berufstätiges Mamahonk erforderte eine Menge Opfer. Ich hatte schließlich keine Freizeit mehr. Das Erste: Mein Blog. Mein Kreativitätsmodul arbeitete nur noch Teilzeit. Diese nutzte es, um Einkaufslisten, WhatsApps mit befreundeten Mamas zu schreiben oder Anträge auszufüllen.
Das Erschreckende: Es störte mich nicht.
Die Stunden, die ich während der Elternzeit hingebungsvoll zum Bloggen nutzte, arbeitete ich jetzt eben. Und das – man höre und staune – sogar ohne nennenswerte Still-, Fütter- oder Windelpausen. Eine einzige Wohltat! Es wird noch verrückter: Es erfüllte mich.
Die Beziehung mit dem Mann war – erwartungsgemäß – das zweite Opfer meines beruflichen Wiedereinstiegs. Der Mann, der mit der Tatsache Leben musste, dass ich ihm ein zweites Kind angehängt hatte, erkannte erst jetzt die Tragweite ebendieser Tatsache. Er entwickelte ein überragendes Talent, mit zahlreichen Lauten seinen Unwillen kundzutun. Zusammengenommen klang es wie „M-A-D-E“.
Als naive Jugendliche nahm ich stets an, wenn ich mir das Leben mit einem zukünftigen Traummann ausmalte, dass schwierige Situationen meinen Partner und mich zusammenschweißten. Tja. Die Realität vergaß bei dem Mann und mir das W. Belastungssituationen führten eher dazu, dass wir uns zusammenscheißten. Ok, das war so nicht korrekt. Nach Arbeit, Kinder, Haushalt, Sport fehlte uns schlichtweg die Energie zum Streiten.
Im Großen und Ganzen gelang uns bis jetzt der Spagat zwischen Familie und Beruf sogar recht gut. Ich darf mich glücklich schätzen, ein Männerexemplar abgegriffen zu haben, dass ein sehr großes Interesse daran hat, Zeit mit seinem Nachwuchs zu verbringen und ihm etwas für das Leben mitzugeben. Gut, gelegentlich kamen wir uns ins Gehege, da wir unterschiedliche Ansichten darüber hegten, was den Kindern mitgegeben werden sollte.
Doch der Mann unterstützte mich nicht. Nein. Er übernahm seit meinem Wiedereinstieg eine gleichwertige Rolle. Zwar zermürbte des Mannes Nörgelei darüber, wie anstrengend das alles sei, zuverlässig meine innere Zufriedenheit. Doch er war da!
Er war da, als mein Vater an Lungenentzündung erkrankte und ich die immer noch verschnupften Kinder nicht mit zum Krankenbesuch nehmen konnte. Er war da, während meines sonntagmorgendlichen Trainings für das Stilfser Joch. Er war da, wenn ich morgens zur Arbeit fuhr und er die Kinder in die Kita brachte.
Drittes Opfer: Mein Sozialleben kam nach dem beruflichen Wiedereinstieg zum totalen Stillstand. Mit Freunden treffen? Zum Basketballspiel gehen? Ein Konzert besuchen? Tätigkeiten, die ich nicht mal mehr buchstabieren konnte.
Wenn mich jemand fragte, schob ich es auf den Mangel an Zeit. Allerdings verschwieg ich, dass ich noch nicht über die Fähigkeit verfügte, Fünkchen daran zu hindern, mir allmorgendlich Joghurt auf mein Raddress zu schmieren und dieses dann zu wechseln, statt noch eine Woche lang zum Radfahren anzuziehen.
Spätestens als sich nahestehende Familienmitglieder mit Würgegeräuschen von mir abwandten, hätte ich den dezente Waschaufforderung erkennen müssen. Doch ich aspergerte fröhlich vor mich hin und fuhr in meinem joghurtbefleckten Radshirt weiter. Ein olfaktorisches Wunderwerk.
Unternehmungen am Abend? Ganz ehrlich? Dafür hatte ich Kinder schließlich gemacht. Sie waren die beste Ausrede, den Abend auf der heimischen Couch zu verbringen, statt auf einer ü40 Party mit Heinz-Dietrich leicht angetütelt Mambo aus Dirty Dancing nachzutanzen.
Die Notaufnahme dankte es mir. Da war ich mir sicher. Denn wie oft landete der leicht angetütelte Heinz-Dietrich wegen Bandscheibenvorfall genau dort, weil er in seinem Zustand zu dem euphorischen Schluss kam, auch als Ü40er die Hebefigur aus “Time of my life” stemmen zu können? Genau! Gar nicht. Letztendlich blieb ich zum Schutze aller Heinz-Dietrichse auf der Couch. Kleinkind sei Dank!
Weiteres Opfer des beruflichen Wiedereinstiegs: Die gesunde Ernährung. Hin und wieder greife ich in meiner Zeitnot auf Fertigprodukte aus dem Discounter zurück. Vorteil: Für die nächste Stunde landen die kleinen und großen Alltagsprobleme im Bauch.
Trotzdem. Zur Bewältigung des beruflichen Wiedereinstiegs komprimierte ich meinen Alltag in Routinen. Sport am Morgen. Smoothie als Zwischenmahlzeit. Kalte Dusche zur Aktivierung der müden Glieder. All diese Routinen waren keinem anderen Zweck gewidmet, als mich gesund und gewappnet für das Leben als arbeitendes Mamahonk zu fühlen.
Mamahonks Empfehlung für einen entspannten beruflichen Wiedereinstieg
Eine gute Mama ist in der Lage, selbst bei größtem Stress stets gelassen und wohlüberlegt zu reagieren. Ein Grund dafür, dass die Zahl guter Mamas gegen Null geht. Ich jedenfalls befand mich seit meinem beruflichen Wiedereinstieg permanent im Ausnahmezustand. Das war nicht immer einfach für mein Umfeld.
Ich erwog die Einführung eines Kürzels: MibWe, also ein Mamahonk im beruflichen Wiedereinstieg.
Das MibWe wäre eine Art Qualitätssiegel ähnlich dem TÜV mit verschiedenen farblichen Abstufungen. Das Siegel würde kaum sichtbar am Still-BH getragen. Beim Betreten eines Raumes würde per Cell Broadcast ein Signal an alle im Raum befindlichen Smartphones gesandt, mit Informationen zum Stresspegel des Mamahonks. Analog dem Ampelsystem. Gleichzeitig erhielten die Besitzer*innen der Smartphones adäquate Verhaltenssvorschläge zum kooperativen, eskalationsfreien Zusammenleben mit dem MibWe.
Das – mein – Leben wäre um einiges leichter:
Smartphone leuchtet grün: Das MibWe ist vom morgendlichen Stillen des Nachwuchses randvoll mit Qxytocin. Somit tiefenentspannt. Arbeitsunfähig zwar (Stichwort: Stilldemenz), aber entspannt. Ansprache möglich.
Smartphone leuchtet gelb: Achten Sie auf die Sprache des MibWes. Vorsicht ist geboten, antwortet das MibWe gehäuft mit der Floskel „Achso!“ Das MibWe gibt diese Antwort nur, weil “Achso” besser klingt als “Leck mich”.
Smartphone leuchtet rot: Achtung, zwischen Ihnen und einem Amoklauf des MibWe steht nur dessen Gehirn. Bitte wenden!
Mamahonks Zwischenfazit zum beruflichen Wiedereinstieg 2.0
Ich entschied mich dazu, meinen beruflichen Wiedereinstieg spielerisch anzugehen. Das erhöhte die Überlebenschancen enorm. Humor heilt. Einen passenden Titel hatte ich schon: Blinde Kuh für Fortgeschrittene. Der Inhalationsnebel zur Genesung permanent atemwegsinfizierter Kinder raubte mir einfach die Sicht!
So kam es, dass ich die Arbeit mal fand, mal nicht.

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Ach dieser Artikel ist wieder so herrlich geschrieben!! Ich fühle eine tiefe Verbundenheit mit dir!
Und ich beneide dich um deine Fähigkeiten zu formulieren, das muss von innen kommen oder antrainiert sein! H:))
Und weil ich ziemlich schlecht im passende Kommentare schreiben bin, hab ich den Beitrag kurzerhand im Mausloch erwähnt. Zum selber lesen.
Liebe Grüße!
Weder Genetik noch Training, sondern schiere Verzweiflung 😂 Humor heilt. Danke für die Erwähnung. Das ist wirklich lieb❤️
Ich kann den Beitrag fühlen, auch wenn es bei mir nur Wiedereinstieg 1.0 war. Will seit Monaten einen Blogbeitrag dazu verpassen und bekomme es nicht hin.
Das kenne ich zu gut. Das ist eine so intensive Zeit, ich könnte Romane dazu schreiben und wenn ich die begonnenen Blogbeiträge zusammenfasse, habe ich wahrscheinlich sogar ausreichend Seiten für einen Roman vom Schlage der Miss Marple😂 Ehrlich gesagt, warte ich auf Deine nächste Beiträge und hoffe, dass Du bald Zeit dafür findest. Doch genieße lieber die Zeit mit Deinem Wurm. ❤️